Als ich endgültig beschlossen hatte die Kalorien Tracking App zu löschen, war ich voller Zweifel und Ängsten, wie mein Leben nun verlaufen würde. Diese App hat jahrelang mein Leben kontrolliert, strukturiert und irgendwie Sicherheit gegeben. Doch der Druck und die Verzweiflung waren in den letzten Monaten so quälend geworden, dass ich kurz vor meiner Hochzeit heulend vor dem Spiegel saß und bereit war all diese Kontrolle endlich abzugeben. Ich war bereit diese Kontrolle vertrauensvoll in die Hände meines Körpers zu legen. Den Körper, den ich jahrelang verletzt hatte.
von der lockeren Routine zur Achterbahnfahrt
Das Kalorienzählen war jahrelang Teil meines Alltags. Es zählte zu den täglichen Routinen jedes Lebensmittel in eine App einzutragen, um am Ende des Tages möglichst wenig gegessen zu haben. Habe ich anfangs dazu noch ein gesundes Verhältnis gehabt, entwickelte sich diese vorerst nützliche Routine immer mehr zu einem Muss. Dieses Muss bescherte mir ständigen Druck in allen Alltagssituationen, die ich absolut nicht mehr genießen konnte.
Ich erinnere mich noch gut an das erste Jahr, in welchem ich an Geburtstagen und besonderen Anlässen ganz locker die Gedanken an Kalorien ignorierte und einfach mein Leben genoss. So wie es eine 22 Jährige tun sollte, kurz nachdem sie 20kg abgenommen hatte und eigentlich zufrieden sein sollte. Doch das Glücksgefühl hielt nur kurz an. Nicht mal das Fotoshooting mit anschließendem Komplimente Wahnsinn hatte dazu beigetragen, dass ich mich gut genug fand. Ganz im Gegenteil – nach diesem Erfolg ging die Achterbahnfahrt aus extremen Kaloriendefiziten und Fressattacken erst richtig los. Das Kontrollieren meines Bauches in jeder Situation, sogar auf der Arbeit, ist nur eins der weiteren Extreme, was mir immer wieder Druck und weitere Verbote gebracht hat…
6 Jahre Kalorien zählen mit weitreichenden Folgen
Nach ein paar Jahren hatte meine Ernährung immer mehr Anzeichen von essgestörtem Verhalten – die ich nicht sehen wollte. Die Stimme in meinem Kopf übertönte laut schreiend jede Anmerkung die von Familie, Freunde oder Kollegen kam. „Pauline, du übertreibst…“ oder „Pauline, ich mache mir Sorgen.“, wurden direkt in die Schublade Ach Quatsch gesteckt und mit einem lockeren Abwinken abgewehrt.
In meinem Kopf war jedoch Chaos. Mit jeder Anmerkung wurde in meinen Gedanken ein WirrWarr voller Zweifel, Fragen und der Suche nach Gründen in Gang gesetzt. Eine verzweifelte Stimme die das Beenden dieses Kalorien Wahnsinns forderte, war zu Beginn noch zu leise. Jahrelang dominierte die laute, überzeugte Stimme, die mir versicherte, dass Abnehmen genau das ist was ich will und mich auf Dauer glücklich machen würde. Doch nach 6 Jahren schaffte es die damals kleine, zierliche Stimme in mir ihre Kraft immer wieder zu bündeln – die Tränen schossen mir in die Augen und von jetzt auf gleich fand ich mich statt sportlich auf dem Trampolin weinend beim nächsten Fressanfall auf dem kargen Küchenboden wieder.
Ich realisierte immer mehr, dass mein ganzes Leben nur noch von Kalorien bestimmt wurde. Ich legte jahrelang mein Vertrauen in diese App – in diese Zahlen – in diese „Sicherheit“ zum Glück. Doch immer schmerzlicher wurde mir bewusst, dass all das ganz und gar kein Glück ist. Mein Glück befand sich nicht in meiner Ernährung, nicht in meinem Spiegelbild – doch wo war es dann?
Frei ohne das Kalorien zählen
Der entscheidende und wirklich endgültige Moment, dass Kalorien zählen aufzugeben brauchte mehrere Versuche. Über Monate kämpften in meinem Kopf verschiedene Figuren und hielten mich immer wieder davon ab, die Entscheidung auch durch zu ziehen. Es war okay, ich brauchte diese Zeit und diese immer wiederkehrenden Fressattacken und Ängste, um zu kapieren in was ich mich da hineinmanövriert hatte. Ich musste erst tief fallen, um zu verstehen, was ich mit meinem Leben angestellt hatte und was wirklich zählt. All das war notwendig, um die Frage zu beantworten was mich glücklich macht und wo all der Sinn wirklich ist, den ich suchte.
Ohne das Kalorien zählen fühlte ich mich schon nach wenigen Tagen einfach frei. Es gab niemanden, der mehr über mich und mein Essverhalten bestimmte. Obwohl es nur eine App war, fühlte es sich an, als ob all die ständigen Empfehlungen, Ratschläge und Tipps zum perfekten Traumkörper sich in einer Person manifestiert hätten, die durch die App ständig zu mir sprach und einen negativen Gedanken nach dem anderen über meinen Körper anzettelte. Das war jetzt vorbei. Ich wusste, dass all das nur noch in meinem Kopf geschah und ich die Macht hatte, diese negativen Gedanken zu entkräften.
Mitgefühl mit mir selbst
Nachdem ich beschlossen hatte all dem Diätwahn ein Ende zu bereiten, fand ich mich in einem starken Mitgefühl gegenüber meines Körper wieder. Damals hätte ich das nie zu bezeichnet, doch im Rückblick erinnere ich mich noch gut, wie leid es mir plötzlich tat, dass ich mich mit diesen Extremen zwischen Kaloriendefiziten und Fressattacken noch mit stressigen Sportplänen und Hasstirraden über mein Spiegelbild beleidigt hatte.
Ich wollte endlich Frieden schließen mit mir und meinen Gedanken. Ich wollte einfach nur glücklich sein und leben. All meine Freunde, die Familie um mich herum erschien mir plötzlich so zufrieden mit ihrem Körper. Die Idee einfach dem eigenen Körper zu vertrauen und ihn zu akzeptieren. All die tollen anderen Dinge im Leben genießen zu können wurde für mich ein Ziel, was auf einmal erreichbar schien. Ich begann mir zu vertrauen, meinem Körper zu vertrauen und setzte mir als festes Ziel, erst einmal all die Ernährungsempfehlungen in den Hintergrund zu stellen – um endlich wieder zufrieden und glücklich zu werden. Ein Leben frei von Diätgedanken – ein Leben frei von Druck, Hass, Verboten und ständigen Hetzen nach einem Ideal, was nicht existiert.
Was du gewinnst, wenn du das Kalorien zählen aufgibst
Wenn du noch unsicher bist, ob du das Kalorien zählen aufgeben sollst, dann versuch dich mal in die Lage zu versetzen, wie es wäre ohne all diese quälenden Diätgedanken, ständigen Ernährungsempfehlungen und Pläne voller Druck und Verboten zu leben. Ich kann dir versichern, dass es ein enormer Gewinn an Freiheit, Flexibilität und… Freiheit geben wird. Ja. Freiheit. Ich betone das so sehr, weil du endlich wieder Zeit und Nerven haben wirst deine Gedanken auf all das im Leben zu lenken, was wundervoll ist. Du wirst die Zeit mit deiner Familie endlich genießen können und eine Einladung zur Party ganz locker annehmen können. Am See wirst du einfach die Sonne auf deine Dehnungsstreifen und Cellulite scheinen lassen – als wäre es das normalste der Welt – und das ist es! <3
Mach dir bewusst, was dich im Leben wirklich glücklich macht und ob das Kalorien zählen und das Nachjagen eines Körperziels dein Leben ausmachen soll. Frag dich, was du deinem Kind (oder Nichte, Neffe, dem Kind was dich in einer langen Schlange am Supermarkt mit traurigen Blick ansieht) sagen würdest, wenn es dir sagt, dass es sich fett und hässlich fühlt. Stell dir vor, es erzählt dir, dass es bei jedem Blick in den Spiegel sofort darüber nachdenkt wieder Diät zu machen, da es Angst hat, sonst nicht geliebt zu werden… Was würdest du antworten?
Verbindung zu deinem Körper
Für mich bedeutet das Leben frei von Diätgedanken Zufriedenheit und Fokus auf all die Dinge, die mir wichtig sind im Leben. Doch einen Zugewinn möchte ich dir nochmal besonders ans Herz legen:
Die Verbindung zu deinem Körper, zu Körpersignalen und deiner Intuition und Gesundheit.
Obwohl durch die gesellschaftliche Entwicklung und einem Überangebot an Nahrungsmitteln die Intuition ganz schön zu kämpfen hat, hast du endlich die Möglichkeit ganz ohne von (außen auferlegten) Ernährungsplan deine Ernährung zu gestalten. Du hast die Entscheidungskraft und du kannst ganz nach deiner Intuition, Vorlieben und auch nach deinen gesundheitlichen Ansprüchen auswählen lernen. Lernen deshalb, weil intuitives Essen ebenso ein Prozess darstellt wie das Selbstvertrauen, die Selbstakzeptanz und Selbstliebe zu deinen Gedanken, Gefühlen und deinem Körper.
Wenn du noch mehr Tipps für deinen Weg zu mehr Selbstliebe und den ersten Schritten aus den Diätwahn möchtest, melde dich doch kostenlos als meine Brieffreundin an und sichere dir eine PDF als Geschenk!
Doch ist es nicht eine wundervolle Vorstellung endlich zufrieden, frei und einfach ohne Stress zu essen? Sich zu akzeptieren, Stärken zu erkennen und all die neu gewonnene Kraft in Ziele und Vorhaben zu stecken, die unser Leben wirklich ausmachen? Wie ist deine Meinung dazu?